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Arzneimittel-Atlas 2011: Gestaltungsraum für modernes Arzneimittelsystem

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel sind im Jahr 2010 kaum gestiegen. Das zeigt der Arzneimittel-Atlas 2011, den das IGES-Institut im Auftrag des vfa erstellt hat, und dessen Ergebnisse am 8. September in Berlin vorgestellt wurden. Instituts-Chef Professor Häussler sprach angesichts von 0,6 Prozent Mehrausgaben von einer „sensationell niedrigen“ Steigerungsrate. Größter Ausgabentreiber war erneut der Mehrverbrauch von Arzneimitteln.


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Die von der Bundesversicherungsanstalt (BVA) vorhergesagten Milliardendefizite bei den Krankenkassen sind nicht nur ausgeblieben – sie haben sich binnen Kurzem in Milliardenüberschüsse verwandelt. In anderthalb Jahren wurden aus prognostizierten Defiziten der Kassen von rund 3,2 Milliarden Euro Überschüsse von aktuell rund 3,5 Milliarden Euro. Der Arzneimittelsektor hat hieran einen überproportionalen Anteil: 2010 gewährten Arzneimittelhersteller gut 1 Milliarde Euro mehr Rabatt als im Vorjahr, wobei allein der neu eingeführte Zwangsrabatt mit 660 Millionen Euro zu Buche schlug.






Chart: GKV Defizit

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Für das Autorenteam erklärte Prof. Bertram Häussler: "Wie in den Vorjahren war die Entwicklung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen gekennzeichnet von einem Ausgleich zwischen Einsparungen - insbesondere durch auslaufende Patente - und Mehrausgaben für Innovationen. Dämpfend wirkten sich außerdem der seit Jahren rückläufige Mehrverbrauch an Arzneimitteln aus sowie die starken Einsparungen durch die seit August 2010 zusätzlich erhobenen Arzneimittelrabatte. Dies alles hat zu einem Stillstand der Ausgabenentwicklung bei den Arzneimitteln beigetragen und die Ausgaben der Krankenkassen stabilisiert."






Chart: Mehrverbrauch

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Balance zwischen Forschungsinvestitionen und Therapiekosten wahren
Für den Auftraggeber erklärte die vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer: "Besondere Situationen mögen vielleicht besondere Maßnahmen wie einen Zwangsrabatt erfordert haben. Aber ein Zwangsrabatt lässt sich nicht unter allen Umständen rechtfertigen und aufrechterhalten: Ein Zwangsrabatt kann nur in einer Notsituation einmalig helfen! Politik und Öffentlichkeit geht es um Finanzierbarkeit. Auch wir möchten, dass wirksame und neue Arzneimittel finanzierbar bleiben und den Patienten in der Versorgung zur Verfügung stehen. Darum brauchen wir eine Balance zwischen notwendigen Investitionen für die Erforschung neuer Arzneimittel und den Therapiekosten für Patienten."

Finanzierbarkeit und Versorgungsqualität ins rechte Verhältnis setzen
"Frühe Nutzenbewertung und Preisverhandlungen können gute Steuerungsinstrumente zum Ausgleich von Versorgungsqualität und Höhe des Preises sein! Erste Erfahrungen forschender Pharma-Unternehmen mit der frühen Nutzenbewertung geben jedoch Anlass zur Sorge, ob diese Balance auch gelingt. Niemand will die Versorgungsqualität der Patienten in Deutschland verschlechtern. Damit die neue Kosten-Nutzen-Bewertung aber ohne Fehler entwickelt wird, ist eine politische Begleitung und Moderation dieses Prozesses notwendig. Auch bei den Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung über künftige Preisverhandlungen zwischen den Spitzenverbänden der Pharmaindustrie und dem GKV-Spitzenverband sind bekanntlich Fragen offen. Den Stand der Verhandlungen will ich ausdrücklich nicht kommentieren, schlicht weil das so zwischen Verhandlungspartnern vereinbart ist. Aber sowohl für die frühe Nutzenbewertung wie für die Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung gilt, dass das Ringen um Bewertungs- und Vergleichskriterien jedenfalls nicht dazu führen darf, dass Innovationen künftig blockiert werden und der heute hohe Standard der Versorgungsqualität in Deutschland gefährdet wird. Dann hätten wir ein Gesundheitssystem, das vielleicht unter Kostenkontrolle ist, das aber Patienten nicht so hilft, wie es möglich wäre. Deshalb arbeiten wir gerade jetzt, wo sich in der Praxis Probleme zeigen, konstruktiv an einem neuen System mit, das Finanzierbarkeit und Versorgungsqualität ins rechte Verhältnis setzt," so Fischer weiter.

Die weiteren Ergebnisse des Arzneimittel-Atlas 2010 im Überblick:

  • Unter den 31 im Detail betrachteten Indikationsgruppen war in 17 Gruppen im Vergleich zum Vorjahr ein Ausgabenanstieg zu beobachten. An erster Stelle lagen erneut die Immunsuppressiva mit 188 Mio. Euro (2009: 250 Mio. Euro), gefolgt von den Mitteln bei obstruktiven Atemwegserkrankungen mit 463 Mio. Euro (2009: –137 Mio. Euro). An dritter Stelle lagen die Antihämorrhagika (Mittel zur Behandlung von Störungen des Gerinnungssystems, die i.d.R. mit Blutungen odereiner erhöhrten Blutungsneigung einhergehen) mit 39 Mio. Euro (2008: –1 Mio. Euro).
  • Auch 2010 war der Verbrauchsanstieg der stärkste Treiber für den Ausgabenanstieg. Der Wert der Verbrauchs-Komponente ging – wie schon in den Vorjahren – zurück und betrug 899 Mio. Euro (2009: 965 Mio. Euro). Der größte Anteil der verbrauchsbedingten Mehrausgaben betraf 2010 Medikamente zur Behandlung von immunologischen, Herz-Kreis¬lauf- und säurebedingten Erkrankungen.
  • Der Anteil höherpreisiger Analog-Wirkstoffe und die Modernisierung der Therapie erhöhten 2010 die Ausgaben mit insgesamt 482 Mio. Euro stärker als 2009 mit 401 Mio. Euro. Zu dem Anstieg der Therapieansatz-Komponente trugen am stärksten die Antidiabetika und die Immunsuppressiva bei.
  • Besonders auffällig war 2010 die Preis-Komponente, die mit –775 Mio. Euro die Ausgaben drastisch reduzierte; ein Effekt der erhöhten Herstellerabschläge und des Preismoratoriums. 2009 hatte die Preis-Komponente noch zu Mehrausgaben von 406 Mio. Euro geführt. Die Einsparungen durch den vermehrten Einsatz von Generika waren 2010 mit –193 Mio. Euro nur unwesentlich geringer als im Vorjahr mit rund 221 Mio. Euro.
  • Eine Untersuchung, ob es für bereits etablierte Wirkstoffgruppen bzw. Wirkstoffe eine Korrelation zwischen Zusatznutzen und Mehrkosten für die Arzneimitteltherapie gibt, kam zu einer positiven Zusammenhang: Ein höherer Zusatznutzen geht mit höheren Kosten für die Arzneimitteltherapie einher. Eine noch stärkere Korrelation fand man zwischen den Mehrkosten und der Zahl der behandelbaren Patienten.

Der Arzneimittel-Atlas 2011, die jährliche Analyse des Arzneimittelverbrauchs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Vorjahr, erscheint im Oktober.

Weiterführende Informationen: